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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Beschluss
Datum:01.06.2012
Aktenzeichen:VG 10/12
Rechtsgrundlage:§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 KVwGG, § 14 Abs. 2 S. 3 KVwGG, § 83 S. 1 VwGO, § 17a Abs. 2 S. 1 GVG, § 47 Abs. 1 DG.EKD, § 1 Ausführungsgesetz z. DG.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Disziplinarverfahren, Entscheidung des Vorsitzenden, Verweisung, Zuständigkeit

Leitsatz

und Beschluss des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 01. Juni 2012

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Leitsatz:

  1. Zur Verweisung einer Disziplinarsache an die Disziplinarkammer.
  2. Eine Verweisung ist auch in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung möglich.
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In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer .....
– Antragsteller –
prozessbevollmächtigt:
.....
gegen
Evang. Landeskirche in Württemberg,
vertreten durch den Evang. Oberkirchenrat,
dieser verteten durch die Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
– Antragsgegnerin –
wegen
Unterlassung der Vernehmung von Zeugen in einem Disziplinarverfahren;
Antrag auf vorl. Rechtschutz
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Vorsitzender gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 KVwGG
am 01. Juni 2012 beschlossen:
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Tenor:

Das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich unzuständig.
Der Rechtstreit wird an die sachlich zuständige Disziplinarkammer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gänsheidestr. 4, 70184 Stuttgart, verwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
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Gründe:

Die Entscheidung ergeht wegen besonderer Eilbedürftigkeit durch den Vorsitzenden nach § 14 Abs. 2 Satz 3 KVwGG. Die besondere Eilbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass von Antragsgegnerseite - wie durch Schriftsatz vom 21. Mai 2012 bekannt wurde - beabsichtigt ist, im Rahmen disziplinarrechtlicher Vorermittlungen baldmöglichst Zeugen zu befragen.
Im vorliegenden, vom Verfahren VG 08/10 abgetrennten Verfahren ist Streitgegenstand allein der in Ziff. II.d. des Schriftsatzes des Antragstellers vom 16. April 2012 enthaltene Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache die Anhörung von Zeugen im Rahmen des von der Antragsgegnerin angestrengten Disziplinarverfahrens zu unterlassen.
Das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich unzuständig. Zwar entscheidet es nach § 9 Abs. 1 KVwGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art des Kirchenrechts und handelt es sich bei dem vorliegenden Antrag an sich um eine solche Streitigkeit. Die Zuständigkeitsbestimmung in § 9 Abs. 1 KVwGG steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass ein Gesetz nichts anderes bestimmt. Eine anderweitige Bestimmung in diesem Sinne enthält § 9 Abs. 2 Nr. 5 KVwGG, wonach das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche u.a. nicht in Disziplinarangelegenheiten entscheidet. Diese Bestimmung steht ihrerseits wiederum unter dem Vorbehalt, dass „ein Kirchengesetz nichts anderes bestimmt“. Eine entsprechende (positive) Zuständigkeitsregelung für das Verwaltungsgericht fehlt im Bereich der Disziplinarangelegenheiten (vgl. hierzu Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Beschluss vom 23.03.2012 - VG 02/12 -).
Danach unterliegen sämtliche gerichtliche Streitigkeiten, die ein Disziplinarverfahren betreffen, - und nicht nur Disziplinarklagen in engerem Sinne - der Zuständigkeit des Disziplinargerichts. Dies gilt damit kraft Sachzusammenhangs auch für alle sonstigen Maßnahmen im Rahmen eines Disziplinarverfahrens, beispielsweise auch für den Streit über die Art und Weise der Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen oder über die generelle Berechtigung zu solchen. Ob solche Einzelmaßnahmen separat justiziabel sind, ist an dieser Stelle nicht zu prüfen, sondern wird vom zuständigen Gericht zu entscheiden sein.
Der von Antragstellerseite zitierte § 43 Abs. 2 PfarrG, der auf den Rechtsschutz eines Pfarrers auf der Grundlage des KVwGG verweist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn diese Vorschrift besagt gerade nicht, dass jeglicher Rechtsschutz eines Pfarrers dem Regime des KVwGG unterliegt, vielmehr wird Rechtsschutz durch das Kirchliche Verwaltungsgericht nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift nur „nach Maßgabe des kirchlichen Verwaltungsgerichtsgesetzes“ gewährt. Das KVwGG schließt aber nach seinem § 9 Abs. 2 Nr. 5 gerade Disziplinarangelegenheiten von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts aus.
Danach ist für das hier maßgebliche Begehren des Antragstellers, nach dem der Antragsgegnerin aufgegeben werden soll, bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache die Anhörung von Zeugen im Rahmen des von der Antragsgegnerin angestrengten Disziplinarverfahrens zu unterlassen, die Zuständigkeit des Kirchlichen Verwaltungsgerichts nicht gegeben.
Im Bereich der württembergischen Landeskirche ist Disziplinargericht die Disziplinarkammer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (§ 47 Abs. 1 DG.EKD, § 1 Ausführungsgesetz zum DG.EKD). In Anlehnung an §§ 83 Satz 1 VwGO, 17a Abs. 2 Satz 1 GVG war der Rechtstreit dorthin zu verweisen. Die Beteiligten wurden vor Ergehen des Verweisungsbeschlusses zur Frage der Zuständigkeit des Kirchlichen Verwaltungsgerichts gehört.
Der Umstand, dass es sich vorliegend um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt, hindert nach Auffassung des Gerichts eine Verweisung nicht (s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.03.1993 - 8 S 2555/93 -, juris).
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung der Disziplinarkammer vorbehalten. Die in dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren entstandenen Kosten sind Teil der Kosten jenes Verfahrens.