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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Beschluss
Datum:16.05.2008
Aktenzeichen:VG 03/08
Rechtsgrundlage:§ 16 KVwGG (a.F.); § 920 Abs. 2 ZPO; § 2 PfstBG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Konkurrentenklage, einstweiliger Rechtsschutz

Leitsatz

und Beschluss des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 16. Mai 2008

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Leitsatz:

  1. Zu den Grundsätzen des Rechtsschutzes für Konkurrenten um eine ausgeschriebene Stelle (im Anschluss an das Urt. v. 20.02.2004 - VG 01/04)
  2. Zu den Modalitäten des vom Dienstherrn zu beachtenden Verfahrens bei einer Stellenbesetzung
  3. Zur gerichtlichen Kontrolldichte in einem Rechtsstreit um die Besetzung einer Pfarrstelle (im Anschluss an das Urt. v. 01.04.2005 - VG 016/04)
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In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer ......
prozessbevollmächtigt:
........
- Antragssteller -
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertreten durch den Oberkirchenrat,
dieser vertreten durch die Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Antragsgegnerin -
wegen
Bewerbung um eine landeskirchliche Sonderpfarrstelle
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht i. R. Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Dekanin Wiebke Wähling als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Klaus Dieterle als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
am 16. Mai 2008 beschlossen:
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Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
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Gründe:

I.
Der im Jahre 1950 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 1. September 1978 in den unständigen Dienst im Pfarramt der Evangelischen Landeskirche in Württemberg aufgenommen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1984 wurde er unter Aufnahme in den ständigen Pfarrdienst auf die Pfarrstelle B.C. St.-Kirche (2. Pfarrstelle) ernannt. Nach entsprechender Bitte des Besetzungsgremiums vom 10. Dezember 1999 forderte der Oberkirchenrat den Antragsteller mit Bescheid vom 18. Februar 2000 im dringenden Interesse der Kirchengemeinde auf, sich spätestens zum 1. Oktober 2000 auf andere Pfarrstellen zu bewerben. Die vom Antragsteller hiergegen erhobene Beschwerde wurde durch Beschluss des Landeskirchenausschusses vom 27. Juli 2001 (AZ: LKA/B-8/2000) zurückgewiesen. Durch Bescheid vom 1. August 2001 versetzte der Oberkirchenrat den Antragsteller mit Wirkung vom 1. September 2001 in den Wartestand. Seine hiergegen zunächst erhobene Beschwerde nahm der Antragsteller zurück.
Nachdem dem Antragsteller Dienstaufträge in B. (1. September 2001 bis 31. Januar 2003), beim Diakonischen Werk der EKD (1. Februar 2003 bis 31. Januar 2006) sowie in der Diakonischen Einrichtung K. (1. Februar 2006 bis 31. Mai 2006) erteilt worden waren, wurde ihm mit Wirkung vom 1. Juni 2006 ein bis 31. Mai 2011 befristeter voller Dienstauftrag in der Justizvollzugsanstalt S. übertragen. Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 teilte die Justizvollzugsanstalt dem Antragsteller mit, er werde im Einvernehmen mit Herrn Kirchenrat X vom Evangelischen Oberkirchenrat ab sofort von seinen Dienstgeschäften entbunden. Mit Wirkung vom 14. Februar 2007 erhielt der Antragsteller einen vorerst bis 31. August 2007 befristeten Dienstauftrag in der Gesamtkirchengemeinde B1.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2007 bewarb sich der Antragsteller um die Pfarrstelle .... im Diakonischen Werk der Evangelischen Landeskirche in Württemberg e. V. Die Stelle war in der Ausgabe August 2007 der Zeitschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg „Für Arbeit und Besinnung“ mit unter anderem folgendem Text ausgeschrieben worden:
„Gesucht wird eine Pfarrerin/ein Pfarrer mit hohem Interesse an Diakonie, konzeptioneller Arbeit und strukturellen Gestaltungsprozessen, die/der die Entwicklung nachhaltiger Kooperationsformen für diakonische Tätigkeiten auf Landkreisebene begleiten und die Verbindung von Kirche und Diakonie stärken möchte. Kenntnisse der unterschiedlichen Rahmenbedingungen, unter denen die verschiedenen Träger diakonischer Dienste, verfasste kirchliche Diakonie, rechtlich selbstständige Träger, arbeiten, sind hilfreich. Er/Sie sollte die persönlichen Vorraussetzungen für eine anspruchsvolle Führungsaufgabe mitbringen, insbesondere Kommunikationsfähigkeit und Verhandlungskompetenz besitzen. Erfahrung in Personalführung und Projektmanagement sind von Vorteil. Schwerpunkte der Tätigkeit sind 1. die konzeptionelle Entwicklung landkreisbezogener Diakoniestrukturen, 2. der Aufbau geeigneter Kommunikationsstrukturen, und 3. die Begleitung von Zielfindungsprozessen, in denen die Beteiligten inhaltliche Schwerpunkte der Landkreisdiakonie klären. Dies geschieht jeweils im Dienste und in Zusammenarbeit mit den diakonischen Einrichtungen, den Kirchenbezirken und ihren Diakonieverbänden im betreffenden Landkreis. Dabei ist enge Kooperation mit anderen Fachabteilungen der Landesgeschäftstelle notwendig. Der Dienstauftrag umfasst 1. die Leitung der Abteilung „Landkreis- und Kirchenbezirksdiakonie, Migration“; 2. Begleitung der Entwicklung landkreisbezogener Diakoniestrukturen (durch Projekte und Einzelberatung); 3. Konzeptionelle Arbeit zu zentralen Einzelaspekten (Integration der Einrichtungen in das Gemeinwesen, insbesondere in die Kirchengemeinde; diakonischer Gemeindeaufbau; politische Vertretung); 4. Beteiligung an der Weiterentwicklung des Sozialen im Landkreis; (Öffentlichkeitsarbeit); 5. Entwicklung und Koordination landkreisbezogener Aktivitäten der Landesgeschäftsstelle; 6. Kommunikation gelingender Ansätze und Strukturmodelle. Der Dienstauftrag kann sich aufgrund konzeptioneller Entwicklungen verändern.“
Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 ließ der Oberkirchenrat dem Antragsteller mitteilen, das Kollegium habe nach ausführlicher Diskussion über einen Vorschlag zur Besetzung der Landeskirchlichen Sonderpfarrstelle entschieden, die Bewerbung des Antragstellers werde nicht an das Besetzungsgremium weitergegeben.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 ließ der Antragsteller gegen diese Entscheidung Widerspruch erheben und die fehlende Begründung der Ablehnung rügen.
Mit weiterem Schreiben vom 26. Juni 2007 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg am 27. Juni 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragen mit dem Begehren, der Antragsgegnerin zu untersagen die … ausgeschriebene Pfarrstelle … zu besetzen, solange nicht über den Widerspruch des Antragstellers gegen die Ablehnung seiner Bewerbung rechtskräftig entschieden sei (VG 04/07).
Der Antragsteller machte unter anderem geltend: Die Ablehnung seiner Bewerbung sei ohne jegliche Angabe von Gründen erfolgt. Im einzelnen angeführte Zeugnisse und Empfehlungsschreiben aus unterschiedlichen Quellen und aufgrund unterschiedlicher Tätigkeiten bestätigten das Vorliegen der in der Stellenausschreibung geforderten Kompetenzen beim Antragsteller; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 11. September 2007 Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin wies den Antragssteller mit Schreiben vom 16. Juli 2007 darauf hin, dass bei Verwaltungsakten des Oberkirchenrats gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 KVwGG grundsätzlich ein Vorverfahren nicht durchzuführen sei. Zugleich teilte sie mit, der Entscheidung der Oberkirchenrats habe Folgendes zu Grund gelegen: Trotz seiner zahlreichen beruflichen Erfahrungen, Gremienmitgliedschaften, Zertifikaten und Veröffentlichungen im Bereich Diakonie werde er als ein Pfarrer wahrgenommen, der bereits mehrfach gezeigt habe, das er nur in sehr geringem Maß über Kommunikations-, Kooperations- und Koordinationskompetenzen verfüge. Aus Sicht des Oberkirchenrats habe er weder vermocht, sein umfangreiches Wissen so in gelingende praktische Anwendbarkeit zu übersetzen, dass es zu erfolgreichen Ergebnissen oder Impulsen durch seine Person gekommen wäre. Noch sei er in der Lage gewesen, sich in eine Gruppe von Kollegen und Kolleginnen oder auch in ein größeres System bzw. in eine Organisation so einzubringen, dass es dauerhaft zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit sichtbaren positiven Ergebnissen gekommen wäre. Mangelnde Rollenklarheit sowie eine fehlende realistische Selbsteinschätzung seien die Ursachen hierfür. Alle diese Eigenschaften seien aber eine Voraussetzung für die anspruchsvolle Leitungsstelle, auf die er sich beworben habe. Zur Begründung werde exemplarisch auf die Umstände bei der Versetzung des Antragstellers in den Wartestand sowie bei seinem Einsatz in der Justizvollzugsanstalt S. hingewiesen. Im gerichtlichen Eilverfahren ließ die Antragsgegnerin insbesondere mit Schreiben vom 12. Juli 2007 und 1. Oktober 2007 die Gründe für Ihre Ablehnungsentscheidung ausführlich benennen.
In einer mündlichen Verhandlung vom 30. November 2007 erteilte das Gericht einen - unten unter Ziffer II. wiedergegebenen - schriftlichen Hinweis. In einem daraufhin geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich die Antragsgegnerin, über die Bewerbung des Antragsstellers auf die streitgegenständliche Sonderpfarrstelle unter Beachtung des vom Gericht gegebenen Hinweises erneut zu entscheiden, und sagte zu, vor der Ernennung eines etwaigen Mitbewerbers mindestens drei Wochen ab Mitteilung ihrer Entscheidung an den Antragssteller zuzuwarten. Der Antragsteller nahm daraufhin seinen Antrag zurück.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 ließ die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitteilen: Das Kollegium des Evangelischen Oberkirchenrats habe in seiner Sitzung am 18. Dezember 2007 erneut über den Wahlvorschlag für die Besetzung der Landeskirchlichen Sonderpfarrstelle … beraten. Die Bewerbung des Antragstellers werde nicht an das Auswahlgremium weiter gegeben. Das Kollegium sei erneut zu der Überzeugung gelangt, dass er für diese Stelle nicht in Betracht komme. Die Gesichtspunkte, die zu dieser Entscheidung geführt hätten, seien in den ausführlichen Schriftsätzen im Zusammenhang mit dem (ersten) Eilantrag in dieser Sache an das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg niedergelegt worden.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2008 hat der Antragsteller am 8. Januar 2008 sowohl Klage erheben (AZ VG 02/08) wie auch den hier zu entscheidenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen lassen.
Zur Begründung lässt er im Wesentlichen geltend machen: Entgegen der Begründung für die erneute Ablehnung sei die Auslese nicht in verfahrensrechtlicher und in materiellrechtlicher Hinsicht fehlerfrei getroffen worden. Da die Antragsgegnerin im Schreiben vom 19. Dezember 2007 erneut keinerlei Angaben zu den wesentlichen Beurteilungs- oder Auswahlerwägungen mache und auf das vorangegangene Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verweise, das solche Angaben ebenfalls nicht enthalten habe, sei es dem Antragssteller ohne Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen erneut nicht möglich, dem Gericht eine substantiierte Begründung und Glaubhaftmachung seines Anordnungsanspruches vorzulegen. Die im vorangegangen gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet gewesen, diese Anforderung zu erfüllen. Gegenstand des Rechtsstreites sei die Erstellung des Wahlvorschlages im Rahmen einer Auswahlentscheidung. Die Antragsgegnerin habe im Schreiben vom 19. Dezember 2007 ausgeführt, die Gesichtspunkte, die zur Ablehnungsentscheidung geführt hätten, seien in den ausführlichen Schriftsätzen im Zusammenhang mit dem (ersten) Eilantrag in dieser Sache im Verwaltungsgericht niedergelegt worden. Der Antragsteller verstehe jedoch den geschlossenen Vergleich und die dazu ergangen Hinweise dahingehend, dass die im ersten Eilverfahren dargelegten Gründe nicht geeignet gewesen seien, dem Bewerberanspruch Rechnung zu tragen. Das Schreiben vom 19. Dezember 2007 ermögliche es ihm erneut nicht, seine Rechtsschutzmöglichkeiten in diesem Eilverfahren wahrzunehmen. Er sei wiederum gezwungen, „ins Blaue hinein“ einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen und Klage einzureichen, ohne die zugrunde liegenden Auswahlerwägungen zu kennen. Mangels weiterer Angaben der Antragsgegnerin werde der gesamte (frühere) Vortrag des Antragstellers zum Gegenstand auch dieses Verfahrens gemacht. Die Antragsgegnerin verkenne offensichtlich, dass allein die wiederholten Begründungen gerade nicht die schriftliche Darlegung der Auswahlerwägungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung und des richterlichen Hinweises im vorangegangen Eilverfahren seien. Des weitern sei die streitgegenständliche Stelle mit dem Konkurrenten bereits besetzt worden, wodurch die Antragsgegnerin gegen ihre im Vergleich eingegangen Verpflichtung, mindestens drei Wochen zuzuwarten, verstoßen habe.
Der Antragsteller lässt beantragen,
der Antraggegnerin zu untersagen, die in der Zeitschrift a & b, Ausgabe 8/2007, ausgeschriebene Pfarrstelle ..... mit einem Mitbewerber zu besetzen, solange nicht über die Klage des Antragstellers gegen die Ablehnung seiner Bewerbung rechtskräftig entschieden ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend: Dem Antragssteller sei unter Bezugnahme auf die im Verfahren VG04/07 im einzelnen dargestellten Gründe mitgeteilt worden, dass das Kollegium des Evangelischen Oberkirchenrats in seiner Sitzung am 18. Dezember 2007 ihn aus eben diesen Gründen für die ausgeschriebene Stelle für nicht in Betracht kommend halte. Für die Entscheidung, ob ein Bewerber für eine Pfarrstelle in Betracht komme, stehe dem Oberkirchenrat ein Beurteilungsspielraum zu, der von dem Kirchlichen Verwaltungsgericht nur begrenzt überprüft werden könne. Ein Anordnungsanspruch könnte nur dann gegeben sein, wenn der Oberkirchenrat bei seiner Entscheidung unter Zugrundelegung unrichtiger Ausgangspunkte, nicht sachgerechter oder willkürlicher Erwägungen entschieden hätte, was hier nicht der Fall sei. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, das er aus den im Verfahren VG 04/07 ausführlich dargestellten Gründen nicht für die Besetzung der Landeskirchlichen Sonderpfarrstelle in Betracht komme. Weitere und bisher nicht vorgetragene Gründe hätten der Entscheidung des Oberkirchenrats nicht zu Grunde gelegen. Der Vertreterin des Antragsstellers sei es im konkreten Fall deshalb (im Sinne des gerichtlichen Hinweises) möglich gewesen, sachgerecht darüber zu befinden, ob sie die Entscheidung der Antragsgegnerin hinnehmen solle oder ob es Anhaltspunkte für Rechtverstöße gebe und deshalb Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden solle. Im Schreiben an den Antragsteller vom 16. Juli 2007 und in den Schriftsätzen im gerichtlichen Eilverfahren vom 12. Juli 2007, 1. Oktober 2007 und vom 9. November 2007 seien die Gründe benannt worden, die die Antragsgegnerin zur Überzeugung habe gelangen lassen, dass der Antragssteller für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht komme. Diesem hätten damit die wesentlichen Erwägungen schriftlich vorgelegen. Dem Oberkirchenrat als entscheidender Stelle seien zur Vorbereitung der Sitzung am 18. Dezember 2007 bezüglich der Bewerbung der Antragsstellers schriftlich Folgendes mitgeteilt worden: „Pfarrer .... kommt für die Stelle nicht in Betracht (siehe ausführliche Begründung für das Verwaltungsgerichts-Verfahren)“. Daneben seien dem Oberkirchenrat die in den oben genannten Schriftsätzen benannten und in der Personalakte dokumentierten Gründe, weshalb der Antragsteller für die Besetzung der Sonderpfarrstelle nicht in Betracht komme, ausführlich mündlich dargelegt worden. Die Kollegialmitglieder hätten auf Nachfrage die Möglichkeit gehabt, Einblick in die einschlägigen Akten zu nehmen. Der Antragsteller sei nicht etwa im Rahmen einer Auswahlentscheidung nicht in den Wahlvorschlag aufgenommen worden, sondern er sei, bevor es zu einer Auswahlentscheidung unter grundsätzlich geeigneten Kandidaten gekommen sei, als nicht für die Stelle in Betracht kommend angesehen worden. Die maßgeblichen Gründe seien ihm mitgeteilt worden, diese lägen auch schriftlich auf den Akten. Die Antragsgegnerin habe dem gerichtlichen Hinweis Folge geleistet. Da der Antragsteller nicht in eine Auswahlentscheidung gekommen sei, habe er auch keinerlei Anspruch darauf, die schriftlich niedergelegten Auswahlerwägungen bezüglich der Besetzung der streitgegenständlichen Sonderpfarrstelle zur Kenntnis zu bekommen. Die Stelle sei noch nicht besetzt. Allerdings würden die Dienstaufgaben dieser Stelle von Herrn Dr. B., der auf eine bewegliche Pfarrstelle versetzt worden sei und dem der entsprechende Dienstauftrag zugewiesen sei, wahrgenommen.
II.
Gemäß § 16 Kirchliches Verwaltungsgerichtsgesetz – KVwGG – i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung kann das kirchliche Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses nur treffen, wenn der Antragssteller deren Dringlichkeit (Anordnungsgrund) und den Rechtsanspruch, um dessen Verwirklichung es geht (Anordnungsanspruch), glaubhaft macht. Ein solcher Anordnungsanspruch ist hier nicht glaubhaft gemacht worden.
Bei der Gewährung von Rechtsschutz für Konkurrenten um eine ausgeschriebene Stelle legt das Gericht folgende Maßstäbe zu Grunde, auf die die Beteiligten im vorangegangenen Eilverfahren VG 04/07 schon schriftlich hingewiesen worden sind:
  1. Der im staatlichen Recht entwickelte so genannte "Bewerberanspruch" auf eine ermessens- (und beurteilungs-)fehlerfreie Entscheidung stellt einen allgemeinen, auch bei Personalentscheidungen im kirchenrechtlichen Bereich zu beachtenden Rechtsgrundsatz dar (wie Urteil vom 20.02.2004. - VG 01/04).
  2. Bei der Erstellung eines Wahlvorschlages hat der Oberkirchenrat – vor einer erforderlichenfalls zu treffenden Auswahlentscheidung - in einem ersten Schritt zu beurteilen, ob ein Bewerber für die Stelle in Betracht kommt (wie Urteil vom 01.04.2005. - VG 16/04).
  3. Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des Bewerberanspruches, der sich grundsätzlich nur vor Ernennung des ausgewählten Konkurrenten sichern lässt, und angesichts der kirchenrechtlichen Gewährung von gerichtlichem Rechtsschutz gilt (im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 09.07.2007, - 2 BvR 206/07) Folgendes:
    3.1
    Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche und irreversible Verletzung in seinen Rechten, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn nicht ausnahmsweise gewichtige Gründe entgegenstehen. Hierbei muss das Gericht das Verfahrensrecht in einer Weise auslegen und anwenden, die dem Gebot effektiven Rechtsschutzes Rechnung trägt.
    3.2
    Der Dienstherr ist verpflichtet, dem unterlegenen Bewerber rechtzeitig vor der Ernennung des Mitbewerbers durch eine Mitteilung Kenntnis vom Ausgang des Auswahlverfahrens zu geben, und er ist weiter verpflichtet, vor Aushändigung der Urkunde einen ausreichenden Zeitraum abzuwarten, um dem Bewerber die Möglichkeit zu geben, einen Eilantrag zu stellen.
    3.3
    Der Dienstherr ist zu einer schriftlichen Fixierung der wesentlichen (Beurteilungs- und) Auswahlerwägungen verpflichtet.
    Nur durch eine solche schriftliche Fixierung - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Bewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will.
    Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen.
    3.4
    Der Rechtsansicht, die (Beurteilungs- und) Auswahlerwägungen könnten auch erstmals im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens dargelegt werden, kann nicht gefolgt werden.
    Diese Rechtsansicht mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers in unzumutbarer Weise. Dies gilt nicht nur im Hinblick darauf, dass ohne die Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen eine substantiierte Begründung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs kaum - oder jedenfalls nur sukzessive auf die Erwiderung des Dienstherrn hin - möglich ist. Vielmehr ist es dem Antragsteller insbesondere nicht zuzumuten, die Auswahlentscheidung seines Dienstherrn gewissermaßen "ins Blaue hinein" in einem gerichtlichen Eilverfahren angreifen zu müssen, um überhaupt nur die tragenden Erwägungen der Auswahlentscheidung zu erfahren.
    Im Übrigen stellt nur die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind, und erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der einschlägigen Entscheidungsmaßstäbe.
Auch unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist nach der erneuten Entscheidung des Evangelischen Oberkirchenrats der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nunmehr abzulehnen. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass der Oberkirchenrat bei seiner Entscheidung zur Besetzung der streitgegenständlichen Sonderpfarrstelle den Antragsteller als für die Stelle nicht in Betracht kommend beurteilt und dessen Bewerbung schon vor einem Vergleich mit anderen Bewerbern abgelehnt hat.
Der Oberkirchenrat hat mit seiner Mitteilung vom 19. Dezember 2007 dem Antragsteller rechtzeitig vom Ausgang des erneuten Auswahlverfahrens Kenntnis gegeben. Auch hat er vor einer Ernennung eines Mitbewerbers einen ausreichenden Zeitraum abgewartet. Die bloße Zuweisung eines entsprechenden Dienstauftrages an Herrn Dr. B. stellt noch keine die Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers beeinträchtigende Ernennung dar.
Vor allem aber lag der Entscheidung des Oberkirchenrats nunmehr eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Beurteilungserwägungen zu Grunde. Sowohl das Schreiben vom 16. Juli 2007 wie auch die Antragserwiderungsschriftsätze vom 12. Juli 2007, 1. Oktober 2007 und vom 9. November 2007 waren Teil der dem Oberkirchenrat bei seiner Entscheidung vorliegenden Akten und sind diesem auch bei seiner Sitzung am 18.12.2007 mündlich erläutert worden. Die Bewertungsgrundlagen sind somit der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt, der Antragsteller selbst hat von Ihnen rechtzeitig Kenntnis erlangt und das Gericht kann sie zum Gegenstand seiner Prüfung machen.
Für die Entscheidung, ob ein Bewerber für eine Pfarrstelle in Betracht kommt, steht dem Oberkirchenrat ein - gerichtlich nur eingeschränkt - überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Insoweit sind auch bei der Besetzung dieser Sonderpfarrstelle hinsichtlich der Entscheidung des Oberkirchenrats die Grundsätze für eine Besetzung einer Gemeindepfarrstelle anzuwenden, zu denen das Gericht mit Urteil vom 1.4.2005 – VG 16/04 – ausgeführt hat: „Unbestimmte Rechtsbegriffe können wegen hoher Komplexität (oder besonderer Dynamik der geregelten Materie) so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. April 1991, BVerfGE 84, 34). Angesichts der komplexen Bezüge, die gemäß § 2 Abs. 1 Pfarrstellenbesetzungsgesetz - PfstBG - zu berücksichtigen sind, und im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Spielraum der Verwaltung bei dienstrechtlichen Beurteilungen kommt das kirchliche Verwaltungsgericht auch für die Entscheidung nach § 2 Abs. 3 PfstBG zur Annahme eines oberkirchenrätlichen Beurteilungsspielraumes (vgl. weiter den Beschluss des Rechtshofes der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen vom 28.02.2002, in: Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Deutschland, Rechtsprechungsbeilage 2003, S. 11, der von einem Beurteilungs- und Auswahlermessen bei der Entscheidung über Bewerbungen für eine Aufgabe in der Gefängnisseelsorge ausgeht).“
In Anbetracht des dem Oberkirchenrat zustehenden Beurteilungsspielraums beschränkt sich die Rechtmäßigkeitskontrolle darauf, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln verstoßen, den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. z. B. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Auflage 2004, B, Nr. 452 mit weiteren Nachweisen auch zur Rechtsprechung).
Solche Fehler sind hier nicht erkennbar. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Oberkirchenrat seiner Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrundegelegt hat.
Wie schon in seinem Urteil vom 1.4.2005 – VG 16/04 – zieht das Gericht hier die Rechtsprechung zu dienstlichen Beurteilungen heran, in der Folgendes geklärt ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 26. Juni 1980, BVerwGE 60, 245): Grundsätzlich unterliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherren, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im Einzelnen sein Gesamturteil und seinen Vorschlag für eine weitere dienstliche Verwendung stützen will. Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen. Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und Einzelbeobachtungen beschränken. Schließlich kann er die verschiedenen Möglichkeiten, ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Soweit der Dienstherr entweder historische Einzelvorgänge ausdrücklich in der Beurteilung erwähnt oder die Beurteilung auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete herausgelöste Einzelvorkommnisse, gründet, muss er aber im Streitfall diese Tatsachen darlegen und trägt das Risiko ihres Beweises. Ein solcher „Tatsachenkern“ gehört zum „Sachverhalt“ im Sinne der Prüfungsmaßstäbe der Beurteilungsermächtigungen. Sind Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Prüfung auf einer Vielzahl von Eindrücken und Beobachtungen beruhende (reine) Werturteile, so kann das Verwaltungsgericht nicht die Darlegung und den Nachweis der einzelnen Tatsachen verlangen, die diesen Werturteilen in ihrem Ursprung auch zu Grunde liegen. Der Dienstherr ist nicht gehalten für ein reines Werturteil sämtliche während des Beurteilungszeitraumes gemachten Wahrnehmungen im Einzelnen zu registrieren und spätestens in einem Streitfall offen zu legen. Es genügt, dass eine Beurteilung in einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Weise klar abgefasst werden muss und dass der Dienstherr gegebenenfalls schon vorprozessual allgemeine pauschale Werturteile durch nähere (schriftliche) Darlegungen zu erläutern, zu konkretisieren und dadurch plausibel zu machen hat. Dies kann durch Anführung von tatsächlichen Vorgängen, aber auch von weiteren Teilwerturteilen erfolgen, solange nur das Werturteil keine formelhafte Behauptung bleibt, sondern für den Beamten einsichtig und für außenstehende Dritte nachvollziehbar wird. Das Verwaltungsgericht kann auf der Grundlage solcher Erläuterungen und Konkretisierungen nachprüfen, ob von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde oder allgemeingültige Wertmaßstäbe verletzt worden sind. Macht der Dienstherr in dieser Weise seine Werturteile plausibel und nachvollziehbar, so wird dadurch dem Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtschutz in einem ausreichenden und zugleich praktikablen, das heißt, eine Überforderung des Dienstherrn vermeidenden Umfang genügt.
Der Oberkirchenrat hat das in der Stellenausschreibung festgehaltene Anforderungsprofil zu Grunde gelegt und hat seine Beurteilung, dass der Antragsteller für die ausgeschriebene Stelle nicht in hinreichendem Maße über Kommunikations-, Kooperations- und Koordinationskompetenzen verfügt, ausreichend plausibel gemacht und insbesondere durch den exemplarischen Hinweis auf die Umstände bei der Versetzung des Antragstellers in den Wartestand wie auch bei der Beendigung des Dienstauftrages in der Justizvollzugsanstalt S. genügend untermauert. Auf die schon im vorausgegangenen gerichtlichen Eilverfahren aufgeworfene Frage, ob ein Schreiben der damaligen Zweiten Vorsitzenden des Kirchgemeinderats der Evangelischen St.-Gemeinde, Frau C. W., vom 18.10.1999 als solches hier verwertet werden durfte, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreites nicht an. Denn die erheblichen Umstände als solche sind über die ergangene Aufforderung zur Stellenbewerbung und die nachfolgende Wartestandsversetzung Gegenstand des ohne Rechtsfehler berücksichtigten Akteninhalts geworden.
Soweit der Antragsteller darüber hinaus auf sonstige eigene umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im diakonischen Bereich hinweist, werden diese schon von der Antragsgegnerin durchaus gesehen und anerkannt, ändern aber nichts an der von ihr ohne Beurteilungsfehler vorgenommenen Einschätzung der Kommunikations-, Kooperations- und Koordinationskompetenzen.
Das Gericht hat nicht etwa zwischen der eigenen Einschätzung des Antragstellers oder etwaigen Einschätzungen Dritter, er sei für die Stelle geeignet, und einer anders lautenden Bewertung des Oberkirchenrats zu entscheiden. Es hat nur zu prüfen, ob die Beurteilung des insoweit zuständigen Oberkirchenrats im oben dargelegten Sinne frei von Rechtsfehlern ist. Nach allem war der Antrag deshalb abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.