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468. Verordnung des Oberkirchenrats über die I. Kirchliche Dienstprüfung für Teilnehmer am Lehrgang für den Pfarrdienst (PO IV)

Vom 18. Juli 1979

(Abl. 48 S. 473)

und
469. Ausführungsbestimmungen1#
vom 8. Oktober 1979 (Abl. 48 S. 473)
Aufgrund von § 75 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Württ. Pfarrergesetzes vom 3. Juni 19772# wird nach Beratung gemäß § 39 Abs. 1 der Kirchenverfassung3# verordnet:
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§ 1
Zweck und Zahl der Prüfungen

Die I. Kirchliche Dienstprüfung für Teilnehmer am Lehrgang für den Pfarrdienst dient dem Nachweis, daß der Bewerber entsprechend seiner Ausbildung im Lehrgang die für den Vorbereitungsdienst erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Sie wird gegen Ende eines jeden Lehrgangs abgehalten.
Ausführungsbestimmungen
(zu PO IV § 1)
  1. In der Prüfung soll der Lehrgangsteilnehmer nachweisen, daß er die grundlegenden Fachkenntnisse und Fähigkeiten erworben hat und selbständig theoretisch arbeiten kann.
  2. Die Prüfung wird im letzten Jahr des Lehrgangs abgehalten. Sie beginnt in der Regel mit der Prüfung im Fach Kirchengeschichte und endet mit der Prüfung in den Fächern Altes Testament, Neues Testament und Systematische Theologie. In den dazwischen liegenden Monaten werden die Prüfungspredigt in einem öffentlichen Gottesdienst sowie die Prüfungskatechese im Rahmen einer Schulstunde gehalten. Der Prüfungsausschuß setzt die Termine fest.
  3. Die Termine der einzelnen Prüfungen werden vom Oberkirchenrat im Benehmen mit dem Leiter des Lehrgangs für den Pfarrdienst festgesetzt.
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§ 2
Prüfungsort und Prüfungsausschuß

( 1 ) Die Prüfung findet in der Regel in Stuttgart statt.
( 2 ) Zum Prüfungsausschuß gehören neben Vertretern des Oberkirchenrats die hauptamtlichen Lehrer am Lehrgang sowie die nebenamtlichen Lehrkräfte, sofern sie an der Prüfung beteiligt sind. In Ausnahmefällen kann der Vorsitzende weitere Mitglieder in den Prüfungsausschuß berufen und an der Prüfung beteiligen.
( 3 ) Den Vorsitz im Prüfungsausschuß führt ein Vertreter des Oberkirchenrats. Die Geschäftsführung liegt beim Leiter des Lehrgangs.
( 4 ) Der Oberkirchenrat beruft für die mündliche Prüfung einen Beisitzer, der der jeweiligen Prüfungskommission mit beratender Stimme angehört und an der Schlußsitzung des Prüfungsausschusses beratend teilnehmen soll. Er muß gehört werden und hat das Recht, die schriftlichen Arbeiten einzusehen. Der Beisitzer muß die II. Evang.-theol. Dienstprüfung oder die II. Kirchl. Dienstprüfung für ehemalige Teilnehmer am Lehrgang für den Pfarrdienst abgelegt haben und im Dienst der Landeskirche stehen. Das gleiche gilt für einen ersten sowie einen weiteren Stellvertreter, der im Verhinderungsfalle an seine Stelle tritt. Die Teilnehmer am Lehrgang können Vorschläge für die Berufung machen.
(zu PO IV § 2)
4.
Zum Prüfungsausschuß gehören zwei Mitglieder des Oberkirchenrats. In den Sitzungen des Prüfungsausschusses und bei einzelnen Prüfungsvorgängen können sie sich vertreten lassen.
5.
Der Prüfungsausschuß und der Leiter des Lehrgangs nehmen die ihnen nach der Prüfungsordnung und den hierzu erlassenen Ausführungsbestimmungen übertragenen Aufgaben wahr. Im übrigen ist für die Organisation der Prüfung und für alle Entscheidungen im Rahmen des Prüfungsverfahrens der Oberkirchenrat zuständig.
6.
Der Beisitzer für die mündliche Prüfung wird vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zur mündlichen Prüfung und zur Schlußsitzung des Prüfungsausschusses eingeladen. Die Prüfung kann auch ohne den Beisitzer oder einen seiner Stellvertreter stattfinden, wenn diese ordnungsgemäß eingeladen waren.
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§ 3
Meldung zur Prüfung

( 1 ) Der Leiter des Lehrgangs meldet die Teilnehmer an einem Lehrgang mit den erforderlichen Unterlagen beim Oberkirchenrat zur Prüfung an. Der Anmeldung geht ein Lehrerkonvent voraus, zu dem der Vorsitzende des Prüfungsausschusses eingeladen wird.
( 2 ) Der Oberkirchenrat entscheidet über die Zulassung zur Prüfung.
(zu PO IV § 3)
7.
Der Leiter des Lehrgangs fordert die Lehrgangsteilnehmer rechtzeitig auf, um Zulassung zur Prüfung nachzusuchen. Das Gesuch ist an den Oberkirchenrat zu richten. Ihm ist ein Studienbericht beizufügen. Der Leiter des Lehrgangs gibt das Gesuch mit einer Stellungnahme das Lehrerkonvents an den Oberkirchenrat weiter.
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§ 4
Prüfungsfächer

( 1 ) Geprüft wird in folgenden Fächern:
  1. Altes Testament
  2. Neues Testament
  3. Kirchengeschichte
  4. Systematische Theologie
  5. Praktische Theologie (Predigt)
  6. Praktische Theologie (Katechese)
( 2 ) In den Prüfungsfächern nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 findet eine schriftliche und eine mündliche Prüfung statt. In der schriftlichen Prüfung werden mindestens drei Themen zur Wahl gestellt, von denen eines zu bearbeiten ist. In der mündlichen Prüfung werden die vom Prüfungsteilnehmer genannten Schwerpunkte berücksichtigt.
( 3 ) In den Prüfungsfächern des Absatzes 1 Nr. 5 und 6 ist vor der praktischen Prüfung je eine schriftliche Ausarbeitung vorzulegen.
(zu PO IV § 4)
8.
Die zum Prüfungausschuß gehörenden Mitglieder des Lehrerkollegiums schlagen dem Oberkirchenrat die Aufgabenstellung für die schriftlichen und praktischen Prüfungen vor.
9.
Vor Beginn der Prüfung sind die Teilnehmer durch den Aufsichtführenden auf die richtige Form der Ausarbeitung und insbesondere auf das Verbot des Gebrauchs unerlaubter Hilfsmittel hinzuweisen.
10.
Der Prüfungsausschuß bestimmt, welche Hilfsmittel gestattet sind. Nur die so bestimmten Hilfsmittel dürfen in den Prüfungsraum mitgebracht werden, soweit sie nicht vom Prüfungsausschuß zur Verfügung gestellt werden. Die Bücher, die benützt werden, dürfen keine schriftlichen Einträge enthalten.
11.
Die Bearbeitungszeit für die schriftlichen Prüfungen beträgt in der Regel drei Stunden. Die Aufsicht führt der Leiter des Lehrgangs oder ein von ihm beauftragter Fachlehrer. Jeweils eine halbe Stunde und zehn Minuten vor Ablauf erinnert er an die Frist. Nach deren Ablauf sind die Arbeiten abzuliefern, auch wenn sie nicht abgeschlossen sind.
12.
Der Aufsichtführende nimmt die Arbeiten von den einzelnen Teilnehmern vor ihrem Weggang in Empfang und stellt sie unverzüglich dem Erstberichterstatter zu.
13.
Die schriftlichen Arbeiten werden von je zwei Berichterstattern gemeinsam benotet. Erstberichterstatter ist der betreffende Fachlehrer, Zweitberichterstatter ist der Lehrgangsleiter oder ein im Einzelfall vom Oberkirchenrat bestimmter Berichterstatter. Die Berichterstatter sollen sich nach Möglichkeit auf eine gemeinsame Note einigen (vgl. auch Ziffer 21). Ergibt sich keine Übereinstimmung, so entscheidet der Oberkirchenrat, ob ein weiterer Berichterstatter zu bestellen ist; die Note wird in diesem Fall vom Prüfungsausschuß im Rahmen der Vorschläge endgültig festgesetzt.
14.
Der Oberkirchenrat legt die möglichen Schwerpunktgebiete auf Vorschlag des Lehrerkollegiums für jede mündliche Prüfung fest. Der Prüfungsteilnehmer kann für jede mündliche Prüfung ein Schwerpunktgebiet nennen. Der Teilnehmer muß in der Lage sein, seine Kenntnisse in den Gesamtzusammenhang des betreffenden Fachs einzuordnen.
15.
Hat ein Teilnehmer bei der schriftlichen Prüfung im Fach Systematische Theologie ein Thema aus dem Bereich der Dogmatik gewählt, so muß das Schwerpunktgebiet für die mündliche Prüfung dem Bereich der Ethik entnommen sein; hat er umgekehrt bei der schriftlichen Prüfung ein Thema aus dem Bereich der Ethik gewählt, so muß das Schwerpunktgebiet für die mündliche Prüfung dem Bereich der Dogmatik entnommen sein.
16.
An der mündlichen Prüfung nehmen teil der Fachlehrer als Erstprüfer, sowie als weitere Prüfer der Lehrgangsleiter oder ein im Einzelfall vom Oberkirchenrat bestimmter weiterer Prüfer, außerdem ein Vertreter des Oberkirchenrats. Den Vorsitz führt der Vertreter des Oberkirchenrats. Die Prüfungsdauer beträgt in der Regel 20 Minuten. Die Teilnehmer werden einzeln geprüft. Gruppenprüfungen sind im Einverständnis mit den Teilnehmern bei entsprechender Verlängerung der Prüfungsdauer möglich.
17.
Die Prüfer bewerten die Prüfungsleistungen der mündlichen Prüfung gemeinsam mit einer Note nach § 6 (vgl. auch Ziffer 21). Können sich die Prüfer nicht einigen, so entscheidet der Prüfungsausschuß im Rahmen der Notenvorschläge.
18.
Der Lehrgangsleiter gibt den Teilnehmern den Text für die Predigt zehn Tage vor dem festgesetzten Predigttermin bekannt. Der Teilnehmer fertigt eine schriftliche Ausarbeitung, zu der eine Exegese, eine Meditation und eine Predigtskizze gehören. Diese übergibt er dem Lehrgangsleiter zwei Tage vor dem Predigttermin in dreifacher Ausfertigung. Die wörtlich ausgeschriebene Predigt ist unmittelbar vor Beginn des Gottesdienstes in dreifacher Ausfertigung abzugeben; sie bindet für die Ausführung selbst nicht. Für die Zusammensetzung der Prüfungskommission gilt Ziffer 16 Satz 1 und 2 entsprechend, wobei mindestens zwei Mitglieder der Kommission ordinierte Pfarrer sein müssen. Die Prüfer bewerten die Predigt gemeinsam mit einer Note nach § 6, wobei der praktischen Durchführung gegenüber der schriftlichen Ausarbeitung doppeltes Gewicht zugemessen werden soll. Ziffer 17 Satz 2 findet Anwendung.
19.
Die Aufgabenstellung für die Katechese gibt der Lehrgangsleiter den Teilnehmern zehn Tage vor dem festgesetzten Unterrichtstermin bekannt. Der Teilnehmer fertigt eine schriftliche Ausarbeitung (Text- bzw. Themeninterpretation, didaktische Analyse und Stundenskizze), die er dem Lehrgangsleiter zwei Tage vor dem Unterrichtstermin in dreifacher Ausfertigung übergibt. Ein genaues Stundenbild ist unmittelbar vor Unterrichtsbeginn in dreifacher Ausfertigung abzugeben; es bindet für die Durchführung nicht. Für die Zusammensetzung der Prüfungskommission gilt Ziffer 16 Satz 1 und 2 entsprechend. Die Prüfer bewerten die Katechese gemeinsam mit einer Note nach § 6, wobei der praktischen Durchführung gegenüber der schriftlichen Ausarbeitung doppeltes Gewicht zugemessen werden soll. Ziffer 17 Satz 2 findet Anwendung. Der Vorsitzende kann den Religionslehrer der Schulklasse zu der Prüfungskatechese einladen und ihn an der Notengebung mit beratender Stimme beteiligen.
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§ 5
Ordnungsverstoß, Versäumnis und Rücktritt

Hinsichtlich der Folgen einer Täuschung oder eines sonstigen Ordnungsverstoßes, der Versäumnis und des Rücktritts, finden die §§ 9 und 10 der Verordnung über die I. Evang.-theol. Dienstprüfung vom 15. März 1977 (PO I; Abl. 47 S. 435 ff.) entsprechende Anwendung.
(zu PO IV § 5)
20.
Entsprechend anzuwenden sind auch die Ziffern 29, 39 bis 43 der Ausführungsbestimmungen zur PO I, wobei an die Stelle des Ephorats der Evang. Oberkirchenrat tritt.
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§ 6
Bewertung und Prüfungszeugnis

( 1 ) Die Prüfungsleistungen werden wie folgt bewertet:
sehr gut
(1)
=
eine besonders hervorragende Leistung
gut
(2)
=
eine erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistung
befriedigend
(3)
=
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht
ausreichend
(4)
=
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen entspricht
nicht ausreichend
(5)
=
eine Leistung mit erheblichen Mängeln.
( 2 ) In den einzelnen Prüfungsfächern werden Fachnoten erteilt. Besteht die Fachprüfung aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, so wird hieraus der Durchschnitt errechnet.
( 3 ) Ist die Prüfung bestanden, so wird eine Gesamtnote erteilt. Zur Feststellung der Gesamtnote wird aus den nach Absatz 2 errechneten Durchschnittswerten der Gesamtdurchschnitt errechnet. Der Prüfungsausschuß kann die gesamten Studienleistungen des Bewerbers zu dessen Gunsten berücksichtigen. Zu diesem Zweck kann er die Summe der einzelnen Durchschnittswerte höchstens um die Zahl zwei vermindern.
( 4 ) Die Fachnoten und die Gesamtnote lauten:
bei einem Durchschnitt bis 1,50
sehr gut
bei einem Durchschnitt von 1,51 bis 2,50
gut
bei einem Durchschnitt von 2,51 bis 3,50
befriedigend
bei einem Durchschnitt von 3,51 bis 4,00
ausreichend
bei einem Durchschnitt unter 4,00 lautet die Fachnote
„nicht ausreichend“.
( 5 ) Bewerber, die die Prüfung bestanden haben, erhalten ein Zeugnis. Ihre Namen werden amtlich veröffentlicht.
(zu PO IV § 6)
21.
Die einzelnen Prüfungsleistungen können mit Zwischennoten (halben Noten) bewertet werden.
22.
Die Ergebnisse der einzelnen Prüfungsleistungen, die Fachnoten und die Gesamtnote werden in eine Liste eingetragen, welche die an der Schlußsitzung beteiligten Mitglieder des Prüfungsausschusses unterzeichnen.
23.
Das Prüfungszeugnis wird vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und vom Landesbischof unterzeichnet.
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§ 7
Nichtbestehen der Prüfung

( 1 ) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn der Bewerber zweimal weniger als die Fachnote „ausreichend“ erreicht hat. Hat er einmal die Fachnote „ausreichend“ nicht erreicht, so ist die Prüfung bestanden, wenn eine der Noten mindestens „befriedigend“ lautet, und der Prüfungsausschuß nicht eine Nachprüfung in dem betreffenden Fach anordnet.
( 2 ) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, erhält hierüber schriftlichen Bescheid.
( 3 ) Ist die Prüfung nicht bestanden, so entscheidet der Oberkirchenrat, ob und gegebenenfalls wann die Prüfung oder einzelne Prüfungsleistungen wiederholt werden können. Wird die Wiederholung einzelner Prüfungsleistungen zugelassen, so ist die Prüfung bestanden, wenn der Bewerber in jeder dieser Prüfungsleistungen mindestens die Fachnote „ausreichend“ erreicht hat; in die Errechnung der Gesamtnote werden die bisher mit mindestens „ausreichend“ bewerteten Prüfungsleistungen eingerechnet.
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§ 8
Einwendungen gegen das Prüfungsverfahren

Erscheint das Prüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß, so können dagegen beim Vorsitzenden des Prüfungsausschusses oder seinem Stellvertreter innerhalb 48 Stunden nach Beendigung des Prüfungsvorgangs Einwendungen erhoben werden. Der Vorsitzende bzw. sein Stellvertreter entscheidet innerhalb weiterer 24 Stunden über den Einspruch. Wird ihm stattgegeben, so ist der entsprechende Prüfungsvorgang möglichst bald zu wiederholen.
(zu PO IV § 8)
24.
Handelt es sich bei dem zu wiederholenden Prüfungsvorgang um eine mündliche Prüfung, so sollen neue Prüfer bestimmt werden. Wird eine Klausur beanstandet, so wird die Wiederholung dieser Prüfungsleistung in der Regel auf die Person des Beschwerdeführers beschränkt.
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§ 9
Einsicht in die Prüfungsakten

Innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Prüfungsverfahrens ist dem Bewerber auf schriftlichen Antrag Einsicht in die ihn betreffenden Prüfungsakten zu gewähren.
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§ 10
Aufnahme in den Kirchendienst

Das Bestehen der Prüfung begründet keinen Anspruch auf Aufnahme in den Kirchendienst. Über die Aufnahme entscheidet der Oberkirchenrat nach bestandener Prüfung.
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§ 11
Inkrafttreten

Diese Prüfungsordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

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1 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt zwischen den entsprechenden Verordnungsbestimmungen (eingerückt).
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2 ↑ Red. Anm.: Elektronisch verfügbar unter 441_Archiv dieser Sammlung.
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3 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter Nr. 1 dieser Sammlung.